Die romanische Gnadenmutter im Prunkgewand
Es war um 1118 zur Zeit des Investiturstreits als Dompropst Bruno von Strassburg aus der Familie der Herren von Haigerloch-Wiesneck und Anhänger Kaiser Heinrichs V. den Grundstein zum Augustiner-Chorherrenstift St. Märgen legte. Damit hat er hier, 25 Jahre nach der Errichtung der imponierenden Benediktinerabtei St. Peter durch den Zähringer Herzog Berthold II. ein Zeichen gesetzt, standen doch die Zähringer auf päpstlicher Seite und waren erbitterte Gegner der Breisgaugrafen. Die Gründermönche brachten aus ihrer Heimat Lothringen eine Madonna mit – ihr zu Ehren gaben sie dem Ort den Namen ‹Mariazell›.
Diese schlichte, ländlich anmutende romanische Gnadenmutter aus der Zeit vor 1100 steht bis heute im Zentrum des Heiligtums. Glücklicherweise hat sie alle Brände der St. Märgener Klosterkirche überstanden, da man sie wohl immer als Erste gerettet hat. Sie ist als thronende Madonna dargestellt und hält das Kind – eigentlich ein kleiner Erwachsener – mit der linken Hand auf ihrem linken Knie und in ihrer Rechten einen Apfel. Als typische romanische Madonna ist sie nicht lächelnd zu ihrem Kind hin gewendet – sie blickt nach vorn zum Beschauer und präsentiert ihm ihren Sohn als Erlöser.
Die Wallfahrt zur Gnadenmutter von St. Märgen überstand die Verbote Kaiser Josephs 1786 und hält bis heute an. Besonders an Marien-Feiertagen wie Mariä Himmelfahrt am 15. August und Mariä Einzug am zweiten Oktobersonntag gibt es zu Ehren der Kirchenpatronin Prozessionen mit Kreuz und Fahnen und dem von ‹Schäppel-Mädchen› mit Trachtenhäubchen getragenen Bild der Madonna.