Maria von der Vorburg
Fährt man durch das Birstal in Richtung Delémont, erblickt man in der Klus kurz nach Soyhières von Ferne auf der rechten Talseite die Wallfahrtskirche Notre Dame de Vorbourg, die auf einem Felsvorsprung steil aufragt. Sie steht auf dem Areal einer ehemaligen Burg; oberhalb sind die Ruinen der zweiten Befestigung, der Vorbourg-Béridier, noch erhalten. Beide Burgen gehörten nach dem Aussterben der Grafen von Saugern im 11. Jahrhundert dem Basler Bischof. Die obere Burg wurde bereits nach dem grossen Erdbeben von 1356 aufgegeben, auf der unteren, die erst im 15. Jahrhundert verlassen wurde, gab es eine dem heiligen Himerius (Saint Imier) und eine weitere, dem heiligen Othmar gewidmete Kapelle. Der Überlieferung zufolge soll letztere im 11. Jahrhundert von Papst Leo IX. von Eguisheim eingeweiht worden sein.
Im 16. Jahrhundert versuchte die Reformation im Jura Fuss zu fassen, scheiterte aber in Delsberg. Die vernachlässigte Kapelle auf der Vorburg wurde neu errichtet und am Ostermontag 1586 vom Basler Weihbischof Christoph von Blarer neu geweiht. Damit war der Grundstein für die künftige Wallfahrt zu Unserer Lieben Frau auf der Vorburg gelegt. Aus dieser Zeit stammt wohl auch das Gnadenbild, die auf dem Hauptaltar thronende Madonna mit Kind.
Der Zustrom der Gläubigen war stets gross und hat sich in unzähligen Votivtafeln manifestiert, auf denen die Wallfahrer ihren Dank für den Beistand der Gottesmutter in schwierigen Lebenslagen ausgedrückt haben und es auch noch heute tun. Eine grosse Zahl dieser Bilder ist erhalten geblieben und in der Kirche zu sehen. Besonders bemerkenswert ist die Darstellung der Stadt Delsberg, die bei einem Brand im Jahre 1671 dank «recommandation faict à Notre Dame, Ss. Igance et Nicolas de Tolentin» vor einer weiteren Ausbreitung des Feuers verschont blieb. Hier findet man auch das Bild eines weiss gekleideten, vor dem Gnadenbild knienden Mädchens von 1680; eine auf einem Pferd reitende, nobel gekleidete Dame von 1711, die offenbar vor einem Sturz von einer Holzbrücke verschont blieb; eine von einem Baum stürzende Frau sowie das Gemälde, auf dem sich eine zwölfköpfige Bauernfamilie dem Schutz der Madonna unterstellt.
Die Wallfahrt nach Notre Dame de Vorbourg ist bis heute nicht versiegt, trotz einer Unterbrechung zur Zeit der Französischen Revolution, als die französischen Truppen Delsberg dem Département ‹Mont-Terrible› zufügten und das Gnadenbild zeitweilig in einer Höhle versteckt werden musste, wo man es nur im Geheimen aufsuchen konnte. Einen neuen Impuls für die Wallfahrt zu Unserer Lieben Frau von der Vorburg bedeutete im Jahre 1869 die feierliche Krönung der Muttergottesstatue durch Bischof Eugène Lachat, dem der Papst Pius IX. dazu die Erlaubnis gegeben hatte. Auf dieses Ereignis gehen die ‹Semaines du Vorbourg› zurück, die jedes Jahr Mitte September stattfinden. Hunderte von Wallfahrern, viele im Kreis ihrer Pfarreien, pilgern dann täglich auf dem Kreuzweg zur Kapelle hinauf.