Barocke Pracht am Haus des Ebers
Der Landstrich zwischen Straßburg und Sélestat / Schlettstadt zählt zu den am wenigsten bekannten Regionen des Elsass, er liegt im Schatten der großen touristischen Metropolen. Das ‚Grand Ried‘ ist das Überschwemmungsgebiet von Ill und Rhein, eine ehemals sumpfige und morastige Auenlandschaft. Viel Natur wurde zerstört durch die Eingriffe des Menschen, Rheinbegradigung und Kanalbau führten zur Absenkung des Grundwasserspiegels, vielerorts hat die Gegend sich in eine parkähnliche Wiesenlandschaft verwandelt.
Aus der Ebene weithin sichtbar erheben sich die drei Zwiebeltürme der ehemaligen Benediktinerabtei von Ebersmünster. Einst eine heilige Insel Noviento zwischen Armen der Ill, die Kelten beteten hier den Gottes Teutates an. Während der römischen Kolonisation war der Ort Merkur und Diana gewidmet. Der Ort muss wichtig gewesen sein, weil Julius Cäsar nach seinem Sieg über die Germanen dem Merkur ein Opfer darbrachte. Der Tempel sei von St. Maternus zerstört worden, um eine dem heiligen Petrus geweihte Kirche zu errichten. Aus Novientum wurde im Laufe der Zeit Evremoutier, dann Ebrotheimmunster, dann Ebersmunster, dem Haus des Ebers, vielleicht in Anlehnung an die vielen dort organisierten Wildschweinjagden. Der Legende nach wurde Sigebert III. (634-656), Sohn von Dagobert I., dem 2. König von Austrasien, dort während einer Jagd tödlich verwundet. Als man ihn ins Grab legen wollte, kam Bischof Arbogast aus Straßburg herbeigeeilt und erweckte ihn wieder zum Leben. Zum Dank habe ihm der merowingische König große Ländereien vermacht, um dort ein Kloster zu gründen.
Historisch belegt ist, dass Herzog des Elsass Eticho (Vater der heiligen Odile) und seine Gemahlin Bereswinde, die Tochter von Sigebert III., 667 in Ebersmünster eine Abtei gründeten und sie mit zahlreichen Besitztümern ausstatteten. Der iroschottische Mönch Deodat kam 675 nach Ebersmünster, wo er die Gemeinschaft nach der Regel des heiligen Kolumban organisierte. Das Kloster ist damit eines der ältesten im Elsass, es wurde dem Mauritius geweiht, der Heilige wurde von den merowingischen Herrschern sehr verehrt. Das Kloster wurde zu einem Zentrum der Christianisierung des Mittel-Elsass. Die Familie der Herzöge des Elsass machte zahlreiche Schenkungen an die Abtei Ebersmunster. Diese Besitzungen erstreckten sich auf fast 80 Dörfer entlang der Ill und die Weinberge von Mulhouse bis Erstein im Norden. 817 wurde die iroschottische Klosterregel durch die Benediktinerregel ersetzt, Ebersmunster wurde 818 als Reichsabtei dem Kaiser direkt unterstellt.
Im Dreißigjährigen Krieg wurde die Abtei dem Erdboden gleich gemacht, der erste Neubau 1715 durch Blitzschlag eingeäschert. Mit dem zweiten Wiederaufbau begann man zwei Jahre später unter Leitung des berühmtesten Architekten der Barockzeit, Peter Thumb aus Vorarlberg. 1759 vollendet ist hier die schönste und vollkommenste Barockkirche des Elsass entstanden. Die unversehrt gebliebene Kirche strahlt mit harmonischen Proportionen und farbenfreudiger Innenausstattung, mit opulenten Deckengemälden und prächtigen Schnitzereien einen ungeheuren Charme aus. Liebhaber von Orgelmusik sind begeistert vom Klang der Orgel, die 1730 bis 1732 von Andreas Silbermann gebaute Orgel gehört zu den am besten erhaltenen des berühmten Orgelbauers.
Während der Französischen Revolution wurden die Mönche vertrieben und die Güter als Nationaleigentum versteigert. Am 24. September 1792 wurde die Bibliothek, die 9.025 Bände umfasste, auf fünf Lastkähnen auf der Ill nach Straßburg transportiert und die Werke dort am 24. September 1792 öffentlich verbrannt. Im Jahr 1829 wurde die Abtei, die während der Revolution für verschiedene Zwecke genutzt worden war, von den Marianistenbrüdern erworben, die dort eine Schule und ein Noviziat einrichteten. Seit 1889 ist es Sitz eines Erziehungswerkes der Schwestern vom heiligen Josef von St. Markus, die Kirche St. Mauritius ist Pfarrkirche.