Judas Thaddäus auf dem Ohmen
Zur Judas-Thaddäus-Kapelle läuft man vom Kloster St. Märgen einen knappen Kilometer Richtung Südwesten, eine wunderschöne Kastanienalle beschattet einen Kreuzweg. Auf einem ‚Ohmen‘ genannten Bergrücken hoch über dem Wagensteig-Tal liegt dieser uralte Kultort. Als die Kapelle noch nicht von Wald umgeben war, muss man hier eine wunderbare Aussicht über die Hügelketten des Schwarzwaldes gehabt haben bis zu Schauinsland und Feldberg.
Der Grundstein zum heute bestehenden barocken Bau wurde vom Abt des Klosters Sankt Märgen gelegt. Im Tagebuch schreibt Andreas Dilger am 9. Juli 1734: „Habe ich den ersten Stein gesetzt zu der Kapelle des hl. Judas Thaddäus, welche zu Ehren der Jungfrau Maria -und des hl. Joseph, des Bräutigams der Jungfrau Maria, ebenso – zu Ihren aller hl. ‚Engel, aller hl. Büßer und der 14 Nothelfer errichtet wird.“ Der Hochaltar zeigt im Altarbild den Märtyrertod des Judas Thaddäus – darüber die Verklärung des Apostels. Wunderbare geschnitzte Figuren zieren alle drei Altäre, einst geschaffen vom berühmten Barockbildhauer Matthias Faller aus dem Schwarzwald, heute ersetzt durch Kopien. In einem dramatischen Deckengemälde befördert Erzengel Michael drei teuflische, gehörnte und geschwänzte Gestalten mit einem Flammenschwert in das offene Höllenfeuer. Damit wird an das zweite Patronat der Ohmenkapelle, die heiligen Engel, erinnert.
Viele Menschen pilgern täglich an diesen zauberhaften Ort, auf der Suche nach Hilfe und Heilung. Zahlreiche Votivgaben für Judas Thaddäus zeugen von großer Hoffnung und Dank vieler Gläubigen. Er wird seit alters her verehrt als Patron in besonderen, gar ausweglosen Nöten. Es wird berichtet, dass Bernhard von Clairvaux eine Reliquie des Heiligen auf der Brust trug, als er auf seiner Reise durch den Breisgau 1146 den Kreuzzug predigte. Er habe später angeordnet, dass man ihm die Reliquie mit ins Grab gebe, weil er in ihm einen großen Helfer in allen Anliegen gefunden habe. Judas Thaddäus besonders zugewandt war Andreas Dilger, Propst und später Abt des Stifts St. Märgen. Von den Kartäusern in Freiburg im Breisgau hatte er 1722 eine Reliquie des Heiligen erhalten. Er schreibt in seinem Tagebuch, dass die „Wiedererbauung der uralten Praelatur Maria Zell“ durch die Fürbitte des Judas Thaddäus bei Jesus und Maria „erwirket“ wurde. An anderer Stelle heißt es: „
Ältere Ursprünge dieses Ortes liegen im Dunkeln. Wolfgang Müller schreibt, der Name ‚Ohmen‘ sei keltischer Herkunft, so wie viele weitere Ortsbezeichnungen der Region: ‚Kandel‘, ‚Otten‘, ‚Freyel‘ und ‚Kapfen‘. Archäologisch gibt es bisher keine Nachweise auf eine keltische Vergangenheit. Doch die Lage des Ortes an der Wagensteig-Straße legt die Vermutung nahe. Eine römische Straße von Hüfingen erreichte die Höhe des Thurner beim „Hohlen Graben“. Der Abstieg erfolgte durchs Wagensteigtal ins Zartener Becken. Dort liegt der große keltische Siedlungsplatz „Tarodunum“. Vermutlich wurde in der Zeit der Christianisierung die alte Kultstätte umgewidmet. Fürstabt Martin Gerbert beschreibt in seiner ‚Geschichte des Schwarzwaldes‘ die ungeheuren Mühen der ‚Ausmerzung‘ heidnischer Vorstellungen in jener Zeit: „Mit größtem Eifer müssen sich die Bischöfe und ihre Diener dafür einsetzen, dass die den Dämonen geweihten Bäume, die das Volk verehrt und anbetet…mit der Wurzel ausgerissen und verbrannt werden. Auch die Felsen, die sie – getäuscht durch die Hirngespinste der Dämonen -an verfallenden oder waldigen Stellen verehren und wo sie Gelübde ablegen, sollen von Grund auf ausgegraben und dahin geschafft werden, wo sie von ihren Anbetern niemals mehr gefunden werden können.“
Vielleicht ist die kleine Quelle, die heute als Judas-Thaddäus-Brunnen hundert Meter unterhalb der Kapelle gefasst ist, der letzte Rest dieses alten keltischen Heiligtums.