Romarici Mons - Frauenkloster
Die Mosel entspringt am Col de Bussang in den südlichen Vogesen in 730 m Höhe. Eine uralte Salzstrasse überquerte diesen günstigen Pass und führte entlang der Mosel in Richtung Lothringen. Beim Zusammenfluss mit der Moselotte weitet sich das Tal, man erreicht die schöne Kleinstadt Remiremont. Viele reiche Häuser aus dem 17. und 18. Jahrhundert prägen das Stadtbild, die Hauptstrasse hat schöne Laubengänge, die große Stiftskirche und einige Adelspaläste zeugen von Macht und Reichtum in vergangen Zeiten. Überragt wird die Stadt vom „Le Saint-Mont“, früher „Mons Habendum / Mont Habend“, ein Berg voller Legenden, Geschichten und Rätsel.
In einer knappen halben Stunde wandert man von der „Domaine de saint Romary“ auf den 672 Meter hohen Berg. Der Berggipfel ist ein großes Plateau, gekrönt von einer kleinen Kapelle, immer wieder entdeckt man spärliche Mauerreste. Ein kleines ehemaliges Bauernhaus wurde von einem Verein restauriert und dient gelegentlich zur Bewirtung von Wanderern. Eine prächtige Aussicht zeigt die Täler von Mosel und Moselotte, der Blick schweift weit über die Vogesenberge. Was hat sich hier oben wohl zugetragen? Woher weiß man etwas davon, wenn fast nichts mehr zu sehen ist? Archäologen haben immer wieder gegraben, Historiker untersuchen zahlreiche Dokumente, Hagiographien und Legenden sind mit Vorsicht zu interpretieren.
Eine erste Siedlung gab es wohl in der Ebene beim Zusammenfluss von Mosel und Moselotte. Auf dem Berg befand sich vielleicht schon eine keltische oder römische Siedlung, vielleicht nur eien Burg? Eine Gruppe von Gebäuden, sind von den Archäologen als Vorgänger des Klosters, als Eigentum von Romaric, einem Adligen am Hof von Metz,bezeugt. Dann ist da Amé, ein Mönch der Abtei Saint-Maurice in Agaune (Schweiz), der, nachdem er in Luxeuil Mönch geworden ist, Romaric im Palast von König Clotharich II. besucht. Romaric, der „unter den anderen herausstach“, wollte Mönch werden. So konnte Amé ihn leicht davon überzeugen, Mönch in Luxeuil zu werden. Einige Zeit später, im Jahr 620, gründeten der heilige Meister Amé und sein Schüler Romaric in einem Teil des bereits errichteten Gebäudes auf dem Berg Habend „nach dem Willen des allmächtigen Gottes ein Kloster für junge Mädchen mit dem frommen Willen, die größte Vollkommenheit zu erreichen“. Ein weiteres Detail bestätigt die Einsetzung der Nonnen: „Amé wählte eine von ihnen, Macteflèdis, zur Leiterin der Nonnen“, die somit die erste Äbtissin dieser Gemeinschaft wurde. Im Jahr 818 (822?) verließ die Klostergemeinschaft den Berg und wurde zur Abtei von Remiremont unter der Äbtissin Imma. Vorübergehend kehrten die Nonnen noch einmal nach Saint-Mont zurück, als sie 917 vor der Ankunft der Ungarn Zuflucht zu suchten. Sie nahmen die sterblichen Überreste der heiligen Stifter Amé und Romaric, sowie die von Adelphe mit. In der Zeit vom 12. bis zum 18. Jahrhundert kamen viele Pilger auf den Berg, um am Grab der Heiligen Klara, der dritten Äbtissin des Klosters, zu beten, die dafür bekannt war, Augenkrankheiten zu heilen, sowie an den leeren Gräbern der heiligen Körper, da sich ihre Reliquien in der Abteikirche von Remiremont befanden. Immer wieder lebten mal Mönche, Eremiten und Ordensgemeischaften auf dem Saint-Mont, die in der Einsamkeit und im Rückzug von der Welt Heiligkeit suchten. Einige dieser „Verrückten Gottes“ sind bekannt und haben ihre Spuren in den Geschichten hinterlassen.
Die Abtei Remiremont erhielt 1070 von König Heinrich IV die Reichsunmittelbarkeit, 1088 unterstellte Papst Urban II. die Abtei unmittelbar dem Heiligen Stuhl, so dass die vom Kapitel gewählte Äbtissin immer von Rom bestätigt werden musste. Etwa zur gleichen Zeit, also Ende des 11. Jahrhunderts begann die Umwandlung des Klosters in ein säkulares Damenstift. Durch die Größe der Besitztümer und den Bekanntheitsgard der Mitglieder war das Kapitel von Remiremont eines der wichtigsten seiner Zeit. Hier war ein begehrter Orft für erhabenen Töchter der Adelgeschlechter von Lothringen, Burgund und des Kaiserreiches. Für die Aufnahme musste man ACHT Generationen blauen Blutes vorweisen, vier väterlicherseits und vier mütterlicherseits! Die Äbtissinnen von Remiremont waren Fürstinnen des Heiligen Römischen Reichs. Lediglich die Äbtissin legte im Stift noch die Gelübde ab, für die Kanonikerinnen galten sie lediglich zeitweise, auch trugen sie weltliche Kleidung in Form einer prunkvollen perlgrauen Tracht, die mit weißem Pelz besetzt war, dazu eine zierliche Haube. Sie konnten sich immer gegen das Leben im Stift entscheiden, es zum Beispiel aufgeben, um zu heiraten, zudem lebten sie nicht mehr im Kloster, sondern in Privathäusern mit einer umfangreichen Dienerschaft. Den Beginn der Französischen Revolution überstand die Abtei nicht lange: Am 7. Dezember 1790 wurde das Kloster geschlossen.
„Le Saint-Mont“ wird in einem tiefen steilen Taleinschnitt vom weiteren Gebirgszug getrennt, hier liegt die rätselafte „Feenbrücke“, ein riesiger Steinwall aus tausenden Felsblöcken, etwa hundert Meter lang, fünfzehn Meter breit und ein Dutzend Meter hoch. Eine erste Erwähnung dieser „Pont de Fées“ findet man im 18 Jahrhundert, doch sie muss viel älter sein. Eine der wenigen Legenden, die sich um diesen Ort ranken, besagt, dass der bösartige Zauberer Marlus hinter Aimery, dem Herrn von Saint-Mont, her war. Er nahm seine Frau Eleanor gefangen und sperrte sie in einem Turm auf dem Morthomme ein. Als es Aimery nicht gelang, sie zu befreien, versuchte er sich zu ertränken, wurde aber von einer Fee gerettet, die ihm befahl, zu versuchen, Aliénor zu befreien. Am nächsten Tag hatten die Feen eine Brücke zwischen den beiden Bergmassiven gebaut…
Auf dem Weg ins Fossard-Massiv liegen weitere rätselhafte Orte. Auf dem „Morthomme“ erinnert ein Kreuz an die Einsiedelei des Arnould, Bischof von Metz, der von 629 bis 640 hier gelebt haben soll. Der „Pierre Kerlinkin“ ist ein riesengroßer Felsklotz von 6 Meter Höhe und 10 Meter Breite. Nach der lokalen Tradition ein Babystein, hierher kamen die Hebammen, um die Babys abzuholen und sie zu den Müttern zu bringen. Dieser Stein soll auch der Treffpunkt der Feen sein, die das Fossard-Massiv bewohnen. Es heißt sogar, dass er wackeln soll, wenn die große Glocke von Vagnez läutet. Die „Chapelle Ste.Sabine“ erinnert an eine junge Nonne, die sich in den Bergen verirrt hatte. Sie wurde während der „Barbareninvasion“ von den Ungarn in der Nähe einer Quelle enthauptet. Dort ereigneten sich in der Folgezeit zahlreiche Wunder. Ein Sprichwort sagt: „St Sabine de tout mal affine“. Dieser Quelle wird nachgesagt, dass sie Geschwüre heilt, sie kann jungen Mädchen auch die Heirat vorhersagen. Wenn eine ins Wasser geworfene Nadel an Land schwamm, war dem Mädchen die Heirat innerhalb eines Jahres sicher.