Eremitage des Florentius
Von Straßburg führen uralte Verkehrswege durch das Breuschtal über den Col de Saales nach Oberlothringen. Am Fuß der Berge, kurz hinter Molsheim, zweigt das Haseltal ab mit den beiden idyllischen Dörfern Niederhaslach und Oberhaslach. Die Eremitage des Florentius in Oberhaslach ist ein ganz verwunschener Ort. Florentius war ein heiliger Wundertäter in den Vogesen, der Koliken und andere Krankheiten der Verdauung heilte. Viele verehrten ihn auch als Beschützer der Tiere, vor allem der Haus- und Nutztiere. Die Verehrung des Heiligen Florentius war so stark, dass Pilger aus dem ganzen Elsass kamen. Mancher spendete Ex-Votos, sehr eindrückliche Bilder sind diese Votivgaben. Aus den letzten 200 Jahren sind noch 75 gemalte Votivbilder erhalten. Sie zeigen eindrücklich die große Verzweiflung der Menschen – aber auch den tiefen Dank für die Erhörung ihrer Gebete in der großen Not.
Bereits in der Antike lebten hier keltische Stämme. Später war hier eine römische Garnison an einer Strassenkreuzung stationiert. Nach und nach entwickelte sich daraus ein kleines Dorf, davon zeugen Stelen, die im Archäologischen Museum Straßburg ausgestellt sind. Im 7. Jahrhundert kam der iroschottische Wandermönch Florentius ins Haseltal, wo er sich am Fuße des Ringelsbergs in einer Einsiedlerzelle niederließ. Er legte einen kleinen Garten an, er gebot allen wilden Tieren, dass sie nicht in seinem Garten weideten – so erzählt die Legende. Die Jäger des Königs hielten ihn für einen Zauberer, bedrohten und beraubten ihn. Auf dem Heimweg versanken sie mit ihren Pferden im Sumpf, Florentius aber rettete sie. König Dagobert, der in einiger Entfernung auf Burg Kirchheim weilte, hörte von den Wundern. Er bat Florentius, seine Tochter Rathildis zu heilen, die von Geburt an blind und stumm war. Der nahm seinen Esel und ritt zum Schloss. Als er noch einige Meilen von der Burg entfernt war, wurde Rhatildis gesund, sie konnte ihn sehen und kündigte allen das Kommen des heiligen Mannes an. Damit niemand an dem Wunder zweifeln konnte, vollbrachte Florentius ein zweites Wunder. Er nahm seinen Mantel und hängte ihn an einen Sonnenstrahl, der durch das Fenster eindrang. Zum Dank schenkte König Dagobert dem Florentius große Ländereien, um ein Kloster in Haslach zu gründen. Später wurde Florentius Bischof von Straßburg, und dann auch dort begraben. Doch zur Stärkung der Macht der Straßburger Bischöfe in den Vogesentälern wurden im Jahr 810 die Reliquien von Straßburg zurück nach Niederhaslach überführt. In Oberhaslach errichtete man an der Stelle der Einsiedelei ein Kapelle. Schnell entstand eine Pilgerfahrt, die bis heute andauert. Das heutige Gebäude im Barockstil stammt aus dem Jahr 1750.
Die Berge westlich und nördlich von Oberhaslach sind ein großes Wanderparadies, Burgruinen und Wasserfälle liegen in den großen Wäldern. Zur Ruine Nideck kann man bequem zu Fuß laufen, sie liegt nur sechs Kilometer vom Ort entfernt. Berühmt ist Nideck durch eine alte elsässische Sage, die durch die Brüder Grimm und schließlich durch Adelbert von Chamisso bekannt wurde. Die Sage handelt von der Tochter der Herren von „Niedeck“, einem Riesengeschlecht, das auf der „Burg Niedeck“ lebt. Bei einem Ausflug findet sie Bauern, die das Feld bestellen, hält diese für Spielzeug und nimmt sie mitsamt Wagen, Pflug und Zugtieren auf die Burg mit. Dort wird sie vom Vater zurechtgewiesen, dass die Riesen auf die Arbeit der Bauern angewiesen seien, und dass sie deshalb die vermeintlichen Spielfiguren wieder zurückbringen müsse. Südlich der Ruine Nideck wartet ein weiteres Naturschauspiel: Aus 534 Metern Höhe stürzt ein Wasserfall in Kaskaden hinunter. Auch die Ruine Hohenstein, der kleine und große Ringelstein, der Felsen „Pfaffenlapp“ und die Felsen „Porte de Pierre“ sind beliebte Ausflugsorte. Bis auf knapp 1.000 Metern Höhe führen die Wanderwege rund um Oberhaslach. Auf dem Gipfel des Schneebergs liegt der „Lottelfels“, ein sagenhafter „Wackelstein“ um den sich Legenden ranken.