Burgruine und Kapelle Maria Schnee
Auf der Gemarkungsgrenze zwischen Wyhlen und Herten liegt der Markhof, heute ein großer landwirtschaftlicher Betrieb und mehrere Wohnheime, welche seit 1907 zum Sankt-Josefshaus Herten gehören. Als frühester Besitzer findet sich 1439 in den Archiven ein Hans von Hertenberg.
Hinter dem Markhof geht es durch schöne Laubwälder steil hinauf auf den Dinkelberg, eine Wanderung führt den „Leuengraben“ hoch. Einem „Schloßberg“ vorgelagert sind zwei markante Felssporne, die man in knapp 30 Minuten besteigen kann. Auf beiden Gipfeln erkennt man spärliche Mauerreste einer Burg, vieles liegt verborgen unter meterhohem Schutt und dichtem Bewuchs. Auf dem Nordgipfel konnte man lange Zeit noch die Grundmauern eines Bergfrieds erkennen. Getrennt durch einen tiefen Graben liegt der Südgipfel, dort ragt ein großes Mauerstück in den Himmel, weitere Bebauung kann man erahnen. Hoch über dem Markhof ist diese Doppelburg ein wunderbarer einsamer Ort, um über das Leben vor Jahrhunderten nachzudenken.
In den 1990er Jahren gründete sich ein „Förderkreis zu Rettung der Burgruine Hertenberg“. Mit großem ehrenamtlichem Einsatz wurden Vermessungen und Sicherungen durchgeführt, unter Obhut des Landesdenkmalamtes gab es Ausgrabungen. Zwischen zahlreichen Funden entdeckte man den Teil eines römischen Soldatengürtels aus Bronze. Typisch für das 4. Jahrhundert wurden sie damals auch von germanischen Hilfstruppen getragen und in mehreren alamannischen Höhensiedlungen gefunden. Keramikscherben aus der Zeit der Völkerwanderung unterstützen die Hypothese einer früh-alemannischen Höhensiedlung auf dem Hertenberg. Es könnte sich um den Sitz des alamannischen Anführers Wadomar handeln, der sich einer Information des römischen Geschichtsschreibers Ammianus Marcellinus zufolge „contra Rauracos“, also „gegenüber“ dem römischen Castrum Rauracense (heute Kaiseraugst, Schweiz), befand. Von einer mittelalterlichen Burg geben zahlreiche Fundgegenstände einen guten Eindruck von der Ausstattung der Räume und den Lebensumständen der Bewohner dieser ausgedehnten Burganlage. Über die Geschichte dieser Burg ist wenig bekannt. Vermutlich von den Grafen von Habsburg erbaut und 1268 im Zuge der Auseinandersetzungen zwischen Rudolf von Habsburg und dem Basler Bischof Heinrich von Neuenburg zerstört. Nach erneuter Zerstörung durch das Basler Erdbeben von 1356 ließ sich die Familie der Hertenberger in Rheinfelden nieder. Dort gehörte sie zum städtischen Adel, deren große Bedeutung lässt sich aus einigen Urkunden erschließen.
Eine Legende erzählt, dass ein Ritter von Hertenberg 1146 dem Aufruf des Bernhard von Clairvaux zum Kreuzzug gefolgt war. Auf dem Rückweg von Jerusalem geriet er in einen Hinterhalt. Er flehte Maria um Hilfe an und gelobte eine Kapelle zu bauen. Sein Gebet wurde erhört, nach Jahren der Gefahr kehrte er zurück. Im Traum erschien ihm nun Maria und beauftragte ihn, an dem Ort eine Kapelle zu bauen, wo am nächsten Morgen Schnee läge. Als der Ritter am nächsten Morgen aufstand, erzählten ihm die Leute aus Herten, dass am Rand des Dorfs auf den Feldern Schnee läge – es war der 5. August. So konnte der Ritter sein Gelübde erfüllen und die kleine Kapelle Maria Schnee bauen lassen. Schon am 5.August 358 war in Rom solch ein Wunder geschehen, welches später zum Bau der berühmtem Kirche Santa Maria Maggiore führte, der ältesten Marienkirche im Westen Europas. Eine weitere Legende erzählt aus dem Dreißigjährigen Krieg. Schwedische Soldaten überfielen ein Mädchen aus dem Dorf, es flüchtete in den Wald. Am Rabenfelsen war sie gefangen zwischen Verfolger und Abgrund. Sie bat Maria um Hilfe und stürzte sich in den Abgrund, wo sie unverletzt ankam. Der schwedische Hauptmann hatte kein Glück beim Sturz, sein Pferd war sofort tot, er schwerverletzt. Das Mädchen kümmerte sich um den Sterbenden, aus Dankbarkeit und Reue schenkte er dem Mädchen seine Geldbörse. Zum Dank für die Hilfe der Maria baute sie die zerstörte Kapelle wieder auf.
Am Eingangsportal der heutigen Kapelle Maria Schnee steht das Datum 1715, vielleicht also ein dritter Bau. Gesichert ist nur die Bedeutung als Wallfahrtskapelle. Das besonders eigenartige Altarbild nimmt Bezug auf die erste Legende, wie der Ritter von Hertenberg durch Maria gerettet wird. 1833 wurde die Wallfahrtskapelle umfunktioniert zur Friedhofskapelle, als man außerhalb des Dorfes Herten Platz für einen neuen Friedhof suchte. Bei der Restauration der Kapelle schuf Dominique Weber 1887 eine Totentanzdarstellung, eine Kopie des Totentanzes des Freiburger alten Friedhofs. Der Totentanz verweist auf die menschliche Vergänglichkeit, er ist auch eine gemalte Bußpredigt. In den dazugehörigen Versen hält der Tod dem Menschen den exemplarischen Sündenspiegel seines jeweiligen gesellschaftlichen Standes vor.