Hohenburg - Das Kloster auf dem heiligen Berg
Rund eine Million Menschen pilgern jährlich auf den Mont Saint-Odile, den heiligen Berg des Elsasses an der Weinstrasse bei Barr. Viele erbitten an der Grabstätte der heiligen Odilia Beistand in schwierigen Lebenssituationen und Hilfe bei Augenleiden; andere kommen als Ausflügler, geniessen die herrliche Aussicht, die bei klarem Wetter bis zum Strassburger Münster reicht. Die ganze Anlage steht auf einem Felsvorsprung auf 670 Meter Höhe. Vom Platz vor der Klosterkirche führt ein kurzer Abstieg zum Odilienbrunnen. Die Heilige selbst soll diese Quelle mit einem Schlag auf den Stein ausgelöst und einem Bettler mit dem Wasser das Augenlicht wiedergegeben haben. Die Lebensgeschichte der heiligen Odilia, die nach der Legende um das Jahr 660 im heutigen Obernai als blindes Kind zur Welt kam, ist voller Geheimnisse. Sie soll bei der Taufe das Augenlicht gewonnen haben. Historisch gesichert ist, dass Odilia das von Frauen und Männern bewohnte Kloster Hohenburg ab dem Jahr 680 nach irisch-fränkischer Tradition als Äbtissin leitete. Viele Wundergeschichten werden berichtet. So soll sie unter anderem eine wunderbare Weinvermehrung vollbracht haben – sie ist noch heute die Patronin der Winzer.
Odilia gilt als Lichtbringerin und wird deshalb wie die heilige Luzia am 13. Dezember gefeiert. Immer wieder hat man sie als Heilige mit dem Buch der Weisheit dargestellt, auf dem sie zwei Augäpfel trägt. Als Merowinger-Prinzessin stand Odilia in der spirituellen Tradition des irischen Mönchstums. Überreste aus ihrem Kloster, das im Laufe der Zeit mehrfach zerstört wurde, gibt es nur wenige: den Sarkophag in der Johanneskapelle, die auch Odilienkapelle genannt wird, die romanische Kreuzkapelle mit kunstvoll verzierter Mittelsäule und den ‹Tränenstein Odilias›, den rohen Becherfelsen, der sich in der Tränenkapelle am Boden unter einem Gitter verbirgt – vermutlich ein Heiligtum aus vorchristlicher Zeit.