Die rätselhafte Heidenmauer
Der Ort muss schon lange vor dem Christentum Menschen magisch angezogen haben. Wer vom Kloster aus die Umgebung erforscht, stösst im Wald immer wieder auf Überreste eines imposanten, rätselvollen Bauwerks: die ‹Heidenmauer›. Auf einer Länge von zehn Kilometern umschliesst sie ein Gebiet von 120 Hektar. Am ‹Wunderpfad› im Norden des Klosters überragen wie Menhire anmutende, rote Sandsteinfelsen den Weg. Besonders viele Beckensteine findet man weiter nördlich, auf dem ‹Feen- oder Hexenplatz› am Elsberg. Beim Mauerrundgang auf der Südseite des Klosters kommt man beim südöstlichen Eckpunkt am ‹Männelstein› vorbei, wo die Statue einer römischen Gottheit gefunden wurde und schliesslich stösst man auf der Westseite auf die an einen Dolmen erinnernde ‹Druidengrotte›.
Von der ‹Heidenmauer› berichtete als erster im 11. Jahrhundert Papst Leo IX., Bruno von Eguisheim, als Schirmherr des Odilienklosters. Die ersten Forschungen begannen am Ende des 16. Jahrhunderts. Bis heute sind die Meinungen über Zweck und Datierung der Mauer kontrovers – es fehlt an konkreten Beweisen, noch immer wird weitergeforscht. Sicher ist, dass eine Verteidigung des zehn Kilometer langen Walls tausende von Soldaten erfordert hätte und wegen der spärlichen Wasserquellen ein Überleben auf dem Territorium bei längerer Belagerung undenkbar gewesen wäre. Spuren einer Besiedlung oder von Waffen sind bis jetzt nur vereinzelt gefunden worden. Der Berg schweigt sich beharrlich aus.